Kategorie: Angst
Angst – Eine allgemeine Definition aus therapeutischer Sicht
Angst ist eine der grundlegendsten menschlichen Emotionen und begleitet uns in den verschiedensten Situationen unseres Lebens. Sie ist eine natürliche Reaktion auf Bedrohungen und kann uns in vielen Fällen schützen, uns wachsam machen oder dazu anregen, Gefahren zu vermeiden. Doch was ist Angst genau, woher kommt sie, und wann wird sie zu einem Problem? Als erfahrene Verhaltenstherapeutin möchte ich dir in diesem Beitrag helfen, ein besseres Verständnis für Angst zu entwickeln und zu erkennen, wann es sinnvoll ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Was ist Angst?
Angst ist eine emotionale Reaktion, die auf das Empfinden von Gefahr oder Bedrohung zurückzuführen ist. Sie aktiviert unseren „Kampf-oder-Flucht“-Mechanismus, der uns auf Gefahren vorbereitet, indem er eine Reihe von physiologischen Reaktionen im Körper auslöst. Zu diesen Reaktionen gehören das Ansteigen des Herzschlags, die Erhöhung des Blutdrucks und die Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol. Diese körperlichen Veränderungen helfen uns, schneller und effizienter zu reagieren, wenn wir uns in einer potenziell gefährlichen Situation befinden.
Angst ist grundsätzlich eine normale und hilfreiche Reaktion, die seit der Urzeit in uns verankert ist. Sie hat unseren Vorfahren dabei geholfen, Gefahren zu erkennen und zu überleben, indem sie sie beispielsweise vor wilden Tieren oder gefährlichen Situationen gewarnt hat. Auch heute schützt uns Angst vor Gefahren, wie zum Beispiel, wenn wir uns vor einem zu schnellen Auto in Sicherheit bringen oder wenn wir uns auf eine Prüfung besonders gut vorbereiten, weil wir Angst vor dem Scheitern haben.
Wann wird Angst zu einem Problem?
Während Angst eine natürliche Reaktion ist, die uns schützen soll, kann sie unter bestimmten Umständen zu einem Problem werden. Wenn die Angst übermäßig stark, anhaltend oder irrational wird und den Alltag beeinträchtigt, spricht man von einer Angststörung. Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und können das Leben der Betroffenen stark einschränken.
Menschen mit einer Angststörung erleben oft intensive Angst in Situationen, die objektiv betrachtet keine echte Gefahr darstellen. Sie neigen dazu, die Bedrohung zu überschätzen und empfinden die Symptome der Angst als extrem belastend. Diese Angst kann sich in verschiedenen Formen äußern, wie zum Beispiel in der Form von Panikattacken, sozialen Ängsten, Phobien oder einer generalisierten Angststörung (GAS). Häufig versuchen Betroffene, angstauslösende Situationen zu vermeiden, was zu Einschränkungen im Alltag führt und die Lebensqualität stark beeinträchtigt.
Die verschiedenen Formen der Angst
Angst kann sich auf vielfältige Weise zeigen. Es gibt verschiedene Formen von Angststörungen, die jeweils unterschiedliche Symptome und Auswirkungen haben. Zu den häufigsten Formen gehören:
- Generalisierte Angststörung (GAS): Menschen mit einer generalisierten Angststörung haben dauerhafte und übermäßige Sorgen, die sich auf verschiedene Lebensbereiche beziehen. Diese Sorgen sind oft nicht an konkrete Situationen gebunden und können von den Betroffenen kaum kontrolliert werden. Begleitend treten häufig körperliche Symptome wie innere Unruhe, Muskelverspannungen und Schlafstörungen auf.
- Panikstörung: Eine Panikstörung zeichnet sich durch wiederkehrende, plötzliche Panikattacken aus, die ohne einen offensichtlichen Auslöser auftreten können. Während einer Panikattacke erleben die Betroffenen intensive körperliche Symptome wie Herzrasen, Atemnot, Schwitzen und das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Diese Attacken sind oft so beängstigend, dass die Betroffenen ständig in Angst vor der nächsten Attacke leben.
- Phobien: Phobien sind intensive Ängste, die durch spezifische Objekte oder Situationen ausgelöst werden, wie zum Beispiel Höhen, enge Räume, bestimmte Tiere oder das Fliegen. Menschen mit Phobien wissen oft, dass ihre Angst irrational ist, sind jedoch trotzdem nicht in der Lage, sie zu kontrollieren. Phobien führen häufig zu Vermeidungsverhalten, das die Betroffenen im Alltag stark einschränken kann.
- Soziale Angststörung: Menschen mit einer sozialen Angststörung haben große Angst davor, in sozialen Situationen negativ bewertet oder bloßgestellt zu werden. Diese Angst führt dazu, dass sie soziale Kontakte vermeiden und sich oft isolieren. Betroffene haben Angst, sich zu blamieren, etwas Falsches zu sagen oder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Dies kann dazu führen, dass sie wichtige berufliche oder private Chancen verpassen.
Wie entsteht Angst?
Angst entsteht durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Genetische Veranlagung, Erfahrungen in der Kindheit und aktuelle Lebensumstände spielen eine große Rolle bei der Entwicklung von Angststörungen. Menschen, die in ihrer Familie bereits Angststörungen erlebt haben, sind häufig anfälliger dafür, selbst eine solche zu entwickeln. Auch traumatische Erlebnisse, wie der Verlust einer geliebten Person, Unfälle oder Missbrauch, können zur Entstehung von Ängsten beitragen.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die persönliche Einstellung. Menschen, die dazu neigen, Gefahren zu überschätzen oder negative Ereignisse zu erwarten, entwickeln häufiger Ängste. Auch der Umgang mit Stress spielt eine Rolle. Wer nicht gelernt hat, mit stressigen Situationen umzugehen, ist anfälliger für die Entwicklung von Ängsten.
Die Symptome von Angst
Angst äußert sich sowohl auf der körperlichen als auch auf der emotionalen Ebene. Körperliche Symptome sind zum Beispiel Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüche, Atemnot, Magenprobleme oder ein Gefühl der Enge in der Brust. Diese Symptome entstehen durch die Aktivierung des „Kampf-oder-Flucht“-Mechanismus und sind völlig normal, wenn wir uns in einer Gefahrensituation befinden.
Auf der emotionalen Ebene fühlen sich Betroffene oft hilflos, überfordert und haben das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Angst kann dazu führen, dass die Gedanken ständig um die befürchtete Situation kreisen, und sie kann das Leben der Betroffenen stark einschränken. Viele Menschen mit Angststörungen ziehen sich von sozialen Aktivitäten zurück, vermeiden bestimmte Orte oder Situationen und fühlen sich zunehmend isoliert.
Wie kann man mit Angst umgehen?
Der erste Schritt im Umgang mit Angst besteht darin, sich bewusst zu machen, dass Angst eine normale Emotion ist und dass man nicht alleine damit ist. Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens Angst, und es ist wichtig, sich Unterstützung zu holen, wenn die Angst das Leben zu stark beeinflusst. Verhaltenstherapie hat sich als besonders wirksam im Umgang mit Angststörungen erwiesen. In der Therapie lernen die Betroffenen, die Ursachen ihrer Angst zu verstehen und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Eine wichtige Methode in der Verhaltenstherapie ist die sogenannte Konfrontationstherapie. Dabei lernen die Betroffenen, sich ihren angstauslösenden Situationen schrittweise zu stellen, anstatt sie zu vermeiden. Durch die wiederholte Konfrontation mit der Angst nimmt die Intensität der Angstreaktion allmählich ab, und die Betroffenen gewinnen an Selbstvertrauen. Auch Entspannungstechniken wie Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder Achtsamkeit können helfen, die körperlichen Symptome der Angst zu reduzieren und wieder ein Gefühl der Kontrolle zu erlangen.
Fazit
Angst ist eine normale und natürliche Emotion, die uns vor Gefahren schützt. Sie kann jedoch zu einem Problem werden, wenn sie übermäßig stark oder irrational wird und unser Leben einschränkt. In solchen Fällen ist es wichtig, sich Hilfe zu suchen und aktiv etwas gegen die Angst zu unternehmen. Mit der richtigen Unterstützung, zum Beispiel durch Verhaltenstherapie, und dem Mut, sich der Angst zu stellen, ist es möglich, die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen und wieder ein erfülltes Leben zu führen. Angst muss kein Dauerzustand sein – der erste Schritt zur Veränderung besteht darin, sich selbst ernst zu nehmen und den Mut zu haben, Unterstützung anzunehmen.