Überforderung im Berufsleben
Woher sie kommt und wie man sie in den Griff bekommt
Das Gefühl der Überforderung im Berufsleben hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Viele Menschen stehen ständig unter Druck, fühlen sich gestresst und wissen nicht, wie sie all den Anforderungen gerecht werden sollen. Als Verhaltenstherapeutin sehe ich täglich, wie diese berufliche Belastung sowohl die psychische Gesundheit als auch das Privatleben stark beeinträchtigen kann. Dabei ist es wichtig zu verstehen, woher die Überforderung kommt und welche Schritte unternommen werden können, um sie in den Griff zu bekommen.
Ursachen der Überforderung im Beruf
Überforderung am Arbeitsplatz entsteht selten durch eine einzelne Ursache. Oft ist es das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, das zu dem Gefühl führt, den Anforderungen nicht mehr gerecht zu werden. Diese Faktoren können sowohl äußerlich, wie auch innerlich sein.
- Zunehmender Leistungsdruck: In vielen Berufen steigt der Druck, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu schaffen. Die Erwartung, ständig erreichbar zu sein, Deadlines einzuhalten und gleichzeitig flexibel und kreativ zu bleiben, überfordert viele Menschen. Hinzu kommt, dass die Konkurrenz im Arbeitsmarkt oft dazu führt, dass Arbeitnehmer das Gefühl haben, sich ständig beweisen zu müssen.
- Fehlende Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit: Besonders durch die zunehmende Digitalisierung und die Möglichkeit, jederzeit und von überall zu arbeiten, verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit immer mehr. Viele Arbeitnehmer checken ihre E-Mails noch spät am Abend oder am Wochenende, was dazu führt, dass sie nie wirklich abschalten können. Diese ständige Verfügbarkeit erzeugt nicht nur Stress, sondern führt auch dazu, dass die Erholungspausen, die so dringend benötigt werden, ausbleiben.
- Hohe Erwartungen an sich selbst: Neben dem äußeren Druck spielt auch der innere Druck eine große Rolle. Viele Menschen haben sehr hohe Erwartungen an sich selbst und wollen in allem perfekt sein. Sie sind der Meinung, dass sie alles alleine schaffen müssen, und sehen das Bitten um Hilfe als Schwäche. Diese Perfektionismusfalle führt oft zu Selbstzweifeln und dem Gefühl, nie genug zu leisten, egal wie hart sie arbeiten.
- Fehlende Anerkennung: Ein weiterer wichtiger Faktor ist die fehlende Wertschätzung am Arbeitsplatz. Viele Menschen fühlen sich trotz harter Arbeit nicht ausreichend anerkannt, was das Gefühl der Sinnlosigkeit verstärkt. Wenn die eigene Leistung nicht gesehen oder gewürdigt wird, kann das sehr demotivierend wirken und die Überforderung zusätzlich verstärken.
- Zwischenmenschliche Konflikte: Spannungen mit Kollegen oder Vorgesetzten sind ebenfalls eine häufige Ursache für Überforderung. Mobbing, fehlende Unterstützung oder schlechte Kommunikation innerhalb des Teams führen oft dazu, dass sich die Betroffenen isoliert und gestresst fühlen.
Symptome der beruflichen Überforderung
Die Überforderung im Berufsleben zeigt sich auf verschiedene Weisen, und sie betrifft sowohl den Körper als auch den Geist. Typische Symptome, die ich bei meinen Klienten beobachte, sind:
- Chronische Erschöpfung: Wer ständig das Gefühl hat, sich überanstrengen zu müssen, leidet oft unter Müdigkeit, die auch durch Schlaf nicht verschwindet. Dies ist ein Warnzeichen dafür, dass der Körper an seine Grenzen gekommen ist.
- Konzentrationsschwierigkeiten: Überforderung führt häufig dazu, dass es schwerfällt, sich zu konzentrieren oder klare Entscheidungen zu treffen. Das Gehirn ist durch den anhaltenden Stress im Dauerzustand der Überlastung.
- Emotionale Reizbarkeit: Wer überfordert ist, reagiert oft gereizt auf Kleinigkeiten. Gefühle wie Frustration, Ärger oder Traurigkeit treten schneller und intensiver auf.
- Rückzug aus dem sozialen Leben: Überforderung im Berufsleben geht häufig mit einem Rückzug aus dem sozialen Leben einher. Da man nach der Arbeit völlig erschöpft ist, fehlt die Energie für soziale Kontakte oder Freizeitaktivitäten.
- Schlafstörungen: Ein gestresster Geist kommt selten zur Ruhe, was sich oft in Schlafstörungen äußert. Menschen, die beruflich überfordert sind, wachen nachts auf, grübeln über Probleme oder haben Schwierigkeiten, überhaupt einzuschlafen.
Strategien, um berufliche Überforderung in den Griff zu bekommen
Es gibt verschiedene Ansätze, die helfen können, berufliche Überforderung zu bewältigen und wieder ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Erholung herzustellen. Diese Schritte sind nicht nur präventiv wirksam, sondern auch in akuten Überforderungssituationen hilfreich.
- Prioritäten setzen: Nicht jede Aufgabe ist gleich wichtig. Es ist entscheidend, zu lernen, welche Aufgaben wirklich Priorität haben und welche auch später erledigt werden können. Eine tägliche To-do-Liste kann helfen, die Arbeit besser zu strukturieren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
- Nein sagen lernen: Viele Menschen haben Schwierigkeiten, „Nein“ zu sagen, aus Angst, jemanden zu enttäuschen oder als unkooperativ zu gelten. Doch das ständige Annehmen zusätzlicher Aufgaben führt oft zu Überforderung. Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und auch mal eine Aufgabe abzulehnen, wenn der eigene Arbeitsumfang bereits ausgelastet ist.
- Arbeitszeiten klar abgrenzen: Die klare Trennung von Arbeitszeit und Freizeit ist entscheidend, um langfristig gesund zu bleiben. Es ist wichtig, feste Zeiten zu definieren, zu denen die Arbeit endet – und diese auch einzuhalten. Regelmäßige Pausen im Arbeitsalltag sind ebenfalls notwendig, um die geistige und körperliche Energie zu bewahren.
- Offene Kommunikation: Überforderung entsteht häufig, weil Probleme nicht offen angesprochen werden. Es ist wichtig, mit Vorgesetzten oder Kollegen über die eigene Belastung zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Oft lässt sich die Arbeitslast durch eine bessere Aufgabenteilung oder flexible Arbeitszeiten reduzieren.
- Achtsamkeit und Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Meditation, Achtsamkeitstraining oder progressive Muskelentspannung können helfen, den Stresspegel zu senken und wieder in den Moment zu kommen. Diese Techniken fördern nicht nur die Entspannung, sondern helfen auch, den Geist zu beruhigen und den Körper zu regenerieren.
- Professionelle Unterstützung suchen: Manchmal reicht es nicht, selbst Maßnahmen zu ergreifen. Wenn die Überforderung zu groß wird, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Verhaltenstherapie kann dabei helfen, negative Denkmuster zu erkennen, die Überforderung verstärken, und Strategien zu entwickeln, um mit beruflichem Stress besser umzugehen.
Fazit: Verantwortung für sich selbst übernehmen
Überforderung im Berufsleben ist ein weit verbreitetes Problem, das ernsthafte Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit haben kann. Es ist wichtig, sich frühzeitig um sich selbst zu kümmern und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Durch klare Kommunikation, die Setzung von Grenzen und den bewussten Einsatz von Stressbewältigungsstrategien kann man die Balance zwischen Beruf und Privatleben wiederfinden und Überforderung langfristig entgegenwirken.