Kategorie: Existenzängste

Existenzängste – Eine allgemeine Definition aus therapeutischer Sicht

Existenzängste sind ein Thema, das viele Menschen betrifft und stark belasten kann. Die Sorge, den Lebensunterhalt nicht mehr sichern zu können, die eigene Existenz zu verlieren oder keine finanzielle Stabilität zu haben, ist eine der tiefsten Ängste, die wir erleben können. Als erfahrene Verhaltenstherapeutin begegne ich in meiner Praxis oft Klienten, die von Existenzängsten geplagt sind. Diese Angst kann jeden treffen, unabhängig von sozialem Status oder beruflicher Situation. In diesem Beitrag möchte ich erklären, was Existenzängste sind, wie sie entstehen und welche Auswirkungen sie auf unser Leben haben können.

Was sind Existenzängste?

Existenzängste sind die Angst davor, die eigene Existenzgrundlage zu verlieren. Dies kann die Angst vor Arbeitslosigkeit, vor dem Verlust des Einkommens, vor finanziellen Schwierigkeiten oder vor der Unfähigkeit, grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung, Wohnung oder medizinische Versorgung zu sichern, umfassen. Diese Ängste gehen oft mit starken Gefühlen der Unsicherheit, des Kontrollverlustes und der Hilflosigkeit einher. Sie können sowohl kurzfristig durch konkrete Ereignisse als auch langfristig durch anhaltende Unsicherheiten ausgelöst werden.

Existenzängste sind nicht nur rein rationaler Natur. Oft sind sie auch mit tief sitzenden emotionalen Ängsten verbunden, die sich durch die Ungewissheit der Zukunft verstärken. Die Sorge, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren oder wichtige Entscheidungen nicht mehr selbst treffen zu können, führt zu einem Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins. Diese Ängste können zu chronischem Stress, Schlafstörungen und sogar zu Depressionen führen, wenn sie nicht bewältigt werden.

Wie entstehen Existenzängste?

Die Ursachen für Existenzängste sind vielfältig und oft eine Kombination aus äußeren und inneren Faktoren. Äußere Faktoren sind zum Beispiel wirtschaftliche Krisen, der Verlust des Arbeitsplatzes, steigende Lebenshaltungskosten oder unvorhergesehene finanzielle Belastungen. Auch persönliche Krisen wie Scheidung, Krankheit oder der Tod eines Familienmitglieds können Existenzängste auslösen, wenn dadurch die finanzielle Sicherheit gefährdet wird.

Innere Faktoren spielen ebenfalls eine große Rolle bei der Entstehung von Existenzängsten. Menschen, die bereits ein geringes Selbstwertgefühl haben oder die in der Vergangenheit negative Erfahrungen mit finanzieller Unsicherheit gemacht haben, sind oft anfälliger für Existenzängste. Die Angst vor dem Scheitern, das Gefühl, den Anforderungen des Lebens nicht gewachsen zu sein, oder der ständige Druck, erfolgreich sein zu müssen, können dazu führen, dass die Betroffenen in einen Kreislauf der Angst geraten.

Auch familiäre Prägungen und frühere Erfahrungen haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung von Existenzängsten. Kinder, die in einem Umfeld aufgewachsen sind, in dem finanzielle Unsicherheit oder Armut eine Rolle gespielt haben, entwickeln oft ein tief verwurzeltes Gefühl der Angst vor Mangel und Unsicherheit. Diese Ängste können ins Erwachsenenalter übernommen werden und auch dann bestehen bleiben, wenn objektiv gesehen keine finanzielle Gefahr besteht.

Die Auswirkungen von Existenzängsten

Existenzängste können tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben haben. Sie beeinträchtigen nicht nur das psychische Wohlbefinden, sondern auch die körperliche Gesundheit. Chronische Angst führt zu einer ständigen Ausschüttung von Stresshormonen, was das Immunsystem schwächt, den Blutdruck erhöht und zu weiteren körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen, Magenproblemen oder Schlafstörungen führen kann. Menschen, die unter Existenzängsten leiden, berichten oft von einer ständigen inneren Unruhe und dem Gefühl, nie wirklich entspannen zu können.

Auch das soziale Leben leidet häufig unter Existenzängsten. Betroffene ziehen sich oft zurück, weil sie sich schämen oder das Gefühl haben, anderen zur Last zu fallen. Dies kann zu Isolation und Einsamkeit führen, was die Ängste noch weiter verstärkt. Beziehungen zu Partnern, Freunden oder Familienmitgliedern können durch die ständige Anspannung und die Sorgen stark belastet werden. In Partnerschaften führt die finanzielle Unsicherheit häufig zu Konflikten, da die Angst um die Existenz beide Partner belastet und zu Missverständnissen und Streitigkeiten führen kann.

Existenzängste können auch berufliche Auswirkungen haben. Menschen, die ständig Angst haben, ihre Existenz zu verlieren, neigen dazu, Risiken zu vermeiden und sich weniger zuzutrauen. Sie sind oft übermäßig vorsichtig, vermeiden Veränderungen und haben Schwierigkeiten, neue Chancen zu ergreifen. Dies kann dazu führen, dass sie in ihrer beruflichen Entwicklung stagnieren und sich nicht weiterentwickeln. Der ständige Druck und die Angst vor Fehlern können außerdem zu einem Burnout führen, da die Betroffenen versuchen, sich durch übermäßige Leistung abzusichern und ihre Angst zu kompensieren.

Wie kann man Existenzängste bewältigen?

Der erste Schritt zur Bewältigung von Existenzängsten besteht darin, sich die eigenen Ängste bewusst zu machen und zu akzeptieren, dass sie ein Teil des Lebens sind. Viele Menschen schämen sich für ihre Ängste und versuchen, sie zu verdrängen. Doch das Verdrängen führt oft dazu, dass die Ängste noch stärker werden. Es ist wichtig, sich die eigenen Sorgen einzugestehen und sich Unterstützung zu holen, wenn die Angst das Leben zu stark beeinträchtigt.

In der Verhaltenstherapie arbeiten wir daran, die negativen Denkmuster, die zu den Existenzängsten führen, zu erkennen und zu verändern. Oft sind es irrationale Gedanken und übertriebene Befürchtungen, die die Angst aufrechterhalten. Durch das Hinterfragen dieser Gedanken und das Entwickeln realistischerer Sichtweisen kann die Angst reduziert werden. Ein weiterer wichtiger Ansatz ist es, sich auf die eigenen Ressourcen und Stärken zu besinnen. Viele Menschen, die unter Existenzängsten leiden, unterschätzen ihre eigenen Fähigkeiten und Ressourcen. Indem sie lernen, ihre eigenen Stärken zu erkennen und zu nutzen, können sie wieder mehr Vertrauen in ihre Fähigkeit gewinnen, schwierige Situationen zu bewältigen.

Auch praktische Maßnahmen können helfen, die Existenzängste zu reduzieren. Dazu gehört zum Beispiel, einen Überblick über die finanzielle Situation zu bekommen, ein Budget zu erstellen und mögliche Sparmaßnahmen zu ergreifen. Oft hilft es, konkrete Schritte zu planen und umzusetzen, um das Gefühl der Kontrolle zurückzugewinnen. Das Gefühl, aktiv etwas tun zu können, kann die Angst erheblich reduzieren und zu einer größeren inneren Ruhe führen.

Nicht zuletzt ist es wichtig, sich selbst nicht zu überfordern und realistische Erwartungen zu haben. Existenzängste sind oft mit dem Gefühl verbunden, immer perfekt sein zu müssen und keine Fehler machen zu dürfen. Doch niemand ist perfekt, und Fehler gehören zum Leben dazu. Sich selbst mit Nachsicht und Geduld zu begegnen und sich Unterstützung von Freunden, Familie oder einem Therapeuten zu holen, kann dabei helfen, die Ängste zu bewältigen und wieder mehr Vertrauen in die eigene Zukunft zu gewinnen.

Fazit

Existenzängste sind eine tief sitzende und oft sehr belastende Form der Angst, die viele Menschen betrifft. Sie entstehen durch eine Kombination aus äußeren und inneren Faktoren und können das Leben stark beeinträchtigen. Doch es gibt Wege, mit diesen Ängsten umzugehen und wieder mehr Vertrauen in die eigene Zukunft zu gewinnen. Der erste Schritt besteht darin, die eigenen Ängste anzuerkennen und sich Unterstützung zu holen. Mit der richtigen therapeutischen Begleitung, realistischen Zielen und praktischen Maßnahmen ist es möglich, die Existenzängste zu bewältigen und ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben zu führen.