Kategorie: Überforderung

Überforderung – Eine allgemeine Definition aus therapeutischer Sicht

In einer Welt, die immer schneller wird und immer höhere Ansprüche an uns stellt, ist Überforderung ein Gefühl, das viele Menschen kennen. Als erfahrene Verhaltenstherapeutin erlebe ich in meiner Praxis oft, wie Menschen unter den wachsenden Anforderungen in Beruf, Familie und sozialem Umfeld leiden. Überforderung kann sowohl kurzfristig als auch langfristig auftreten und führt oft zu emotionalen und körperlichen Belastungen, die das gesamte Leben negativ beeinflussen. Doch was genau ist Überforderung, wie entsteht sie, und wie kann man damit umgehen?

Was ist Überforderung?

Überforderung ist der Zustand, in dem die Anforderungen, die an uns gestellt werden, die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten übersteigen. Das bedeutet, dass wir uns den Aufgaben und Herausforderungen nicht mehr gewachsen fühlen. Dies kann sich in verschiedenen Lebensbereichen manifestieren – sei es im Beruf, in der Familie, in sozialen Beziehungen oder sogar in Bezug auf die eigenen Erwartungen an sich selbst.

Wenn wir überfordert sind, haben wir das Gefühl, die Kontrolle über die Situation zu verlieren. Wir empfinden die Aufgaben als zu groß, die Zeit als zu knapp und die eigenen Fähigkeiten als unzureichend. Dieses Gefühl der Überforderung kann sowohl durch äußere Faktoren (z. B. zu viele Aufgaben im Job, finanzielle Probleme, familiäre Verpflichtungen) als auch durch innere Faktoren (z. B. Perfektionismus, hohe Selbstansprüche, mangelndes Selbstvertrauen) verursacht werden.

Wie entsteht Überforderung?

Überforderung entsteht oft durch ein Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Ressourcen. Die Anforderungen können von außen kommen, zum Beispiel von Vorgesetzten, Partnern oder der Gesellschaft. Sie können aber auch aus uns selbst heraus entstehen, wenn wir zu hohe Erwartungen an uns haben oder versuchen, alles perfekt zu machen. Es ist oft eine Kombination aus äußeren und inneren Faktoren, die zu einem Zustand der Überforderung führt.

Ein häufiger Auslöser für Überforderung ist der Wunsch, es allen recht machen zu wollen. Viele Menschen möchten ihren Partner, ihre Familie, ihren Arbeitgeber und ihre Freunde zufriedenstellen und setzen dabei ihre eigenen Bedürfnisse hintenan. Dies führt dazu, dass die Anforderungen an uns selbst immer größer werden, während die Zeit für Selbstfürsorge immer knapper wird. Das Ergebnis ist ein Teufelskreis, in dem wir uns zunehmend erschöpft und überfordert fühlen.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Perfektionismus. Menschen mit perfektionistischen Zügen neigen dazu, extrem hohe Erwartungen an sich selbst zu haben und Fehler nicht zu akzeptieren. Sie setzen sich selbst unter Druck, alles perfekt zu machen, und geraten dadurch in einen ständigen Zustand der Anspannung. Diese Selbstüberforderung führt oft dazu, dass sie ihre Grenzen nicht erkennen und schließlich im Zustand der Überforderung enden.

Auch das Gefühl, keine Kontrolle über die Situation zu haben, spielt eine große Rolle. Wenn wir das Gefühl haben, dass wir keine Einflussmöglichkeiten auf die Anforderungen haben, steigt das Stressniveau und wir fühlen uns überfordert. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit führt oft dazu, dass wir Aufgaben aufschieben oder uns komplett zurückziehen, was die Situation weiter verschärft.

Die Symptome von Überforderung

Überforderung kann sich auf verschiedene Weise äußern, sowohl psychisch als auch körperlich. Zu den psychischen Symptomen gehören oft innere Unruhe, Schlafstörungen, Gereiztheit, das Gefühl der Erschöpfung und das Gefühl, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Viele Menschen berichten auch von Konzentrationsproblemen und dem Gefühl, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können. Der Kopf ist so voll, dass es schwerfällt, Prioritäten zu setzen und Aufgaben sinnvoll zu erledigen.

Körperliche Symptome sind ebenfalls häufig. Dazu gehören zum Beispiel Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Magenprobleme, Herzklopfen und eine allgemeine Erschöpfung des Körpers. Der Körper signalisiert, dass er sich im Stresszustand befindet, und reagiert auf die Überforderung mit Symptomen, die oft nicht direkt als solche erkannt werden. Viele Menschen nehmen diese körperlichen Warnsignale nicht ernst und versuchen weiterzumachen, was zu einer Verschärfung der Symptome führen kann.

Überforderung in Beziehungen und im Beruf

Überforderung betrifft oft nicht nur einen Lebensbereich, sondern zieht Kreise in verschiedene Bereiche unseres Lebens. So kann berufliche Überforderung leicht auch in den privaten Bereich übergreifen. Wer den ganzen Tag im Büro unter Druck steht, findet am Abend oft nicht die Ruhe, um sich zu entspannen oder Zeit mit der Familie zu genießen. Dies kann zu Konflikten in Partnerschaften oder zu einer Entfremdung von den eigenen Kindern führen.

Auch innerhalb von Beziehungen kann Überforderung entstehen. Dies betrifft insbesondere Eltern, die versuchen, Beruf, Haushalt und Kindererziehung unter einen Hut zu bringen. Der Druck, eine gute Mutter oder ein guter Vater zu sein, kann dazu führen, dass man sich selbst keine Pausen gönnt und die eigenen Bedürfnisse komplett vernachlässigt. Die Folge sind Überlastung und das Gefühl, allem hinterherzurennen, ohne jemals wirklich anzukommen.

Wie kann man mit Überforderung umgehen?

Der erste Schritt, um mit Überforderung umzugehen, besteht darin, sich das Problem bewusst zu machen. Viele Menschen merken lange Zeit nicht, dass sie überfordert sind, oder sie wollen es sich nicht eingestehen. Es ist jedoch wichtig, die eigenen Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren, dass niemand alles alleine schaffen kann. Das Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse und die Anerkennung der eigenen Grenzen sind zentrale Schritte, um Überforderung zu reduzieren.

Ein weiterer wichtiger Ansatz ist das Setzen von Prioritäten. Nicht alles, was auf unserer To-do-Liste steht, muss sofort erledigt werden. Es kann hilfreich sein, die Aufgaben zu sortieren und sich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist. Aufgaben zu delegieren oder auch mal „Nein“ zu sagen, kann eine große Erleichterung sein und dabei helfen, den Druck zu reduzieren.

Auch Entspannungstechniken wie Achtsamkeit, Meditation oder progressive Muskelentspannung können dabei helfen, das innere Stressniveau zu senken und wieder ein Gefühl der Kontrolle zu erlangen. Regelmäßige Pausen und bewusste Zeiten der Erholung sind ebenso wichtig, um die eigenen Energiereserven wieder aufzufüllen und Überforderung langfristig vorzubeugen.

Nicht zuletzt kann es hilfreich sein, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Eine Verhaltenstherapie kann dabei helfen, die Ursachen der Überforderung zu erkennen, alte Denkmuster zu durchbrechen und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Überforderung ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine natürliche Reaktion auf zu viele Anforderungen. Es ist wichtig, sich selbst ernst zu nehmen und sich die Unterstützung zu holen, die man braucht, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

Überforderung betrifft uns alle irgendwann im Leben. Doch mit den richtigen Strategien und der Bereitschaft, auf sich selbst zu achten, ist es möglich, den Herausforderungen gelassener zu begegnen und die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen.